Im Residenztheater dreht sich heute Abend alles um das Thema Internet: Data-Mining und Big Data, digitale Echokammern und Machine Learning: Alternative Formen der Partizipation und hergebrachte Praktiken der Meinungsbildung. Alles wird irgendwie in Frage gestellt. Mit Ausgangspunkt in Griechenland, wo die Demokratie erst kürzlich zu scheitern schien, erkundet Rimini Protokoll nach Top Secret International (Staat 1) über global agierende Geheimdienste und Gesellschaftsmodell Großbaustelle (Staat 2) über die Großbaustelle als ein Modell für die aktuelle gesellschaftliche Verfasstheit im dritten Teil der Tetralogie über Phänomene der Postdemokratie die Bedeutung des digitalen Raums für demokratische Prozesse.
Darum genau dreht sich das interaktive Stück:
Das Jahr 1990 markierte einen Einschnitt: Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten der Kalte Krieg beendet. Gleichzeitig begann etwas Neues: Im Jahr 1990 wird das Internet für die kommerzielle Nutzung freigegeben und damit zu einer der ersten gesamtdeutschen kollektiven Erfahrungen; es prägt die Arbeitswelt, die soziale Kommunikation und das Verhältnis zu politischen Institutionen. Wie geht eine neue Generation, die nun mit der ganzen Welt vernetzt ist, mit Fragen persönlicher, sozialer und politischer Identität um? Wodurch wird ihr Wahlverhalten beeinflusst: Werden demokratisch legitimierte Wähler/innen durch algorithmische Legitimationen ersetzt? Welche Erwartungen stellen wir an die Mechanismen demokratischer Willensbildung? Welche Formen von Partizipation und Demokratie sind für uns relevant? Daniel Wetzel fragt nach dem Wert der Ware Daten und bringt diese in einer sinfonischen Situation zum Klingen. Mit einer Smartphone-App ausgestattet begeben sich die Zuschauer/innen in einen permanenten Abstimmungsprozess. Das Publikum selbst wird dabei zum Klangkörper, der netztypische Dynamiken des Schwarmverhaltens überführt – in den analogen Raum.