Wie eindringlich laut Stummfilme sein können, obwohl darin nicht gesprochen wird, dafür ist der Film „Die Stadt ohne Juden“ ein sehr gutes Beispiel. Gezeigt wird der Film im Rahmen der Internationalen Stummfilmtage. Und darum geht’s:
1922 veröffentlichte Hugo Bettauer seinen Roman „Die Stadt ohne Juden“, der die Ausweisung der jüdischen Bevölkerung aus Wien beschreibt. Eine bis dahin utopische Vorstellung von der niemand ahnte, dass sie einmal Realität werden konnte. Bettauer wurde 1925 von dem Nationalsozialisten Otto Rothstock erschossen. Der österreichische Regisseur Hans Karl Breslauer verfilmte 1924 den Roman, verlegte die Handlung allerdings von Wien in den fiktiven Staat Utopia. Die Verfilmung war die erste weltweit, die den damals alltäglichen Antisemitismus so explizit zum Thema machte und in eine satirische Dystopie übersetzte. Das von einer Wirtschaftskrise gebeutelte Volk des Staates Utopia macht die jüdische Bevölkerung dafür verantwortlich und fordert deren Ausweisung. Die Politik beugt sich diesen Forderungen. Drastische Szenen zeigen die Brutalität der Vertreibung. Im Film kehren die Jüdinnen und Juden wieder zurück, die historische Realität sollte aber anders aussehen.
2015 wurden die seit über 90 Jahren verschollenen Teile des österreichischen Stummfilms zufällig auf einem Pariser Flohmarkt entdeckt und 2016 an das Filmarchiv Austria übergeben, das mit Hilfe einer Crowdfunding Initiative den Film restaurieren konnte.Der Stummfilmmusiker Günter Buchwald begleitet die Filmvorführung live am Flügel.