DIE ATTENTÄTERIN in den Kammerspielen

Die Welt wird erklärt durch Geschichten. Die Geschichten werden geschrieben vom Gewinner. Der legt also auch den Narrativ fest, in dem wir über die Welt lernen. Doch ist das der Wahrheit letzter Schluss?

Amin ist ein angesehener Arzt in einem Krankenhaus in Tel Aviv. Er hat einen israelischen Pass. Lediglich: er ist gebürtiger Araber. Seinem Heimatland Palästina hat er den Rücken zugekehrt, um in Tel Aviv seine medizinische Karriere zu verfolgen. Es scheint, als sei er in der israelischen Gesellschaft angekommen. Er ist Anwärter auf den Posten des Klinikdirektors, er liebt seinen Job, seine Ehe ist glücklich, er hat sich ein Haus kaufen können in bester Lage, mit den gelegentlich doch noch aufkommenden Anfeindungen scheint er sehr gut klarzukommen.

Der Tag verspricht, ruhig zu werden, bis sich in einem Einkaufszentrum in der Nähe ein Selbstmordattentäter inmitten einer Gruppe Kinder in die Luft sprengt. Die Normalität des Tages ist damit vorbei. Doch die allgemeine Tragik der Geschichte entwickelt sich mehr und mehr zu Amins persönlichem Alptraum. Der Attentäter entpuppt sich als Attentäterin. Und diese Frau war seine eigene Ehefrau. Die kam ebenfalls aus Palästina und konnte, wollte, die Umstände nicht so gut hinnehmen. Und während die Gesellschaft um ihn in die typischen Narrative zwischen palästinensischen Monstern und sich befreien wollenden Frauen verfällt und sich spaltet in Guter Terrorist – Böser Terrorist, muss Amin seinen Narrativ komplett neu erarbeiten.

Aufbauend auf dem Roman von Yasmina Khadra kreiert Amir Reza Koohestani eine Lehrstunde im Geschichten interpretieren. Der dauernde Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis bildet dabei eigentlich nur die Buchdeckel. Das wichtige ist der unterschwellige Inhalt. Sollten wir weiter ein Auge mit einem Auge vergelten? Oder ist es doch der runde Tisch, der die Lösung bringt? Gibt es nur richtig und falsch, gut und böse? Oder lohnt es, die Geschichte auch durch die Augen des Verlierers zu betrachten?


Weitere bisher bekanntgegebene Vorstellungen:
08. April, 19:00 Uhr
16. April, 20:00 Uhr